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News Flugzeugunglück vor 65 Jahren in München-Riem: Eine Krankenschwester erinnert sich
Frau Weber, wie haben Sie 1958 von dem Unglück erfahren?
Ich war an dem Tag krankgeschrieben und da habe ich ein Telefongespräch mitbekommen, in dem es hieß, in ganz München sei kein Sanitätswagen mehr frei, weil in Riem ein Flugzeug verunglückt ist. Am übernächsten Tag war ich dann selbst wieder in der Klinik.
Als Sie wieder zum Dienst kamen: Was war los am Klinikum?
Die Stimmung war gedrückt. Zwei Patienten waren gestorben. Die anderen Verunglückten hatten teils schwerste innere und äußere Verletzungen, aber sie wurden von guten Kollegen betreut – den „Angels of Munich“. Nach einiger Zeit kamen auch die Frauen der Patienten aus England. Es war viel los im Klinikum.
Die Intensivmedizin war 1958 erst im Aufbau. Gab es Erfahrung mit sehr schweren Verletzungen?
Oh ja! Schon 1955 – da hatte ich gerade im Rechts der Isar angefangen – hatten wir viele schwere und tödliche Fälle. Man darf ja nicht vergessen: Die Straßenbahnen waren damals überlastet, die Leute haben sich außen drangehängt, sind oft runtergefallen. Und am Ostbahnhof: viele Rangierunfälle. Heute ist alles deutlich sicherer.
Heute wäre das Krankenhaus in so einem Fall von Fans, Schaulustigen und Medien belagert. Wie war das damals?
Das hat es damals nicht gegeben, zumindest habe ich nichts Derartiges mitbekommen. 1980, beim Oktoberfestattentat, war das schon anders. Da haben wir ja auch die Verletzten reinbekommen, und da waren die Reporter dermaßen schlimm, die mussten wir buchstäblich verscheuchen. Aber 1958, da ist man im ersten Moment nur erschrocken. Ich hatte auch den Eindruck, dass die verletzten Spieler ein bisschen abgeschirmt wurden. Der Medienauflauf fing erst an, als unser Klinikdirektor Prof. Georg Maurer mit einer OP-Schwester und seinem engsten Ärzteteam nach England eingeladen worden ist, um ausgezeichnet zu werden.
Apropos: Prof. Georg Maurer ist es auch zu verdanken, dass aus dem Städtischen Krankenhaus das Universitätsklinikum rechts der Isar wurde. Wie haben Sie ihn im Klinikalltag erlebt?
Er hat sich mit aller Kraft für das Klinikum eingesetzt! Ich erinnere mich an eine Szene: Ein Patient hatte ein pfenniggroßes Loch in seinem Bettbezug. Professor Maurer ließ mich holen und zeigte es mir. Da habe ich gesagt: Herr Professor, ich bin froh, dass ich die zerrissene Wäsche habe, bevor ich gar keine habe. Daraufhin ging er raus, wo sein Ärzteteam stand, und sagte: „Schreiben Sie an die Verwaltung: ,Ich habe keine Lust, Chef eines Klinikums zu sein, in dem die Patienten in zerrissener Bettwäsche liegen müssen.‘“ Ja, so war unser Professor Maurer.
Vor fünf Jahren, als an der Absturzstelle eine Gedenkfeier anlässlich des 60. Jahrestages abgehalten wurde, sind Sie auch schon eingeladen worden.
Ja, das war eine großartige Veranstaltung. Die Menschenmenge hat den ganzen Platz gefüllt. Einer der Engländer kam auf mich zu und hat gesagt: „Frau Weber, ich bin heute den ganzen Tag für Sie da!“ So viele Umarmungen und Handküsse, wie ich damals bekommen habe … (lacht). Es war ein Lachen, ein Singen, aber auch ein Weinen. Ich habe damals einen Erinnerungsschal geschenkt bekommen.
Werden Sie auch bei der Gedenkfeier am heutigen Montag auch dabei sein?
Ja natürlich! Ich bin ja die Letzte aus der damaligen Belegschaft, die noch mobil genug ist. Und den Schal werde ich mitnehmen. Das macht sich sicherlich gut.
Die Fußballmannschaft von Manchester United, nach ihrem charismatischen Trainer Matt Busby die „Busby Babes“ genannt, war am 6. Februar 1958 auf dem Heimweg von einem Spiel in Belgrad nach Manchester. Nach einem planmäßigen Tankstopp in München-Riem schoss die gecharterte Maschine beim Abheben über die Startbahn hinaus und zerschellte. Schnee auf der Rollbahn – so die spätere Analyse – hatte das Flugzeug so stark gebremst, dass sie die zum Abheben erforderliche Geschwindigkeit nicht erreichen konnte. Die zum Teil schwer verletzten Überlebenden wurden im Klinikum rechts der Isar behandelt. Das Team um den damaligen Chefarzt Prof. Georg Maurer leistete Extraschichten, um die Verunglückten zu versorgen. Ganz England war damals den „Angels of Munich“ dankbar – Prof. Maurer wurde von Königin Elizabeth II. geehrt. Das Klinikum war für damalige Verhältnisse sehr gut auf die Versorgung der Schwerverletzten vorbereitet. So hatte es seit 1957 seine Operationskapazitäten ausgeweitet: Es verfügte nun über fünf gut ausgestattete OP-Säle, die die Behandlung der zahlreichen Verletzten ermöglichten. Prof. Maurer hatte große Expertise in der Versorgung von Unfallopfern, zudem hatte er eine Abteilung für Neurochirurgie eingerichtet und das Klinikum an den Rettungsdienst angeschlossen. Mit seinem Team hatte er sich auch auf Notfalleinsätze vorbereitet.